Dominik Thoma
Münchner Strukturputze
Buchhandelspreis: 38,00 Euro
ISBN 978-3-948974-15-2
Erscheint am 20.01.2022
Lieferbar ab 21.01.2022
Versand innerhalb Deutschland: 5,- Euro
Preise inkl. MwSt
Geschwungene Giebelformen, florale Verzierungen und goldene Ornamente – wer im Münchener Stadtteil Schwabing durch die Straßen spaziert, wird dort wundervoll geschmückte Altbauten entdecken. Deren stadtbildprägende Putzfassaden sind bis über die Grenzen der „Weltstadt mit Herz” hinaus bekannt. Kein anderes Baumaterial ist im Stadtgefüge so präsent. Betrachtet man die Zeitzeugen der vergangenen Epochen genauer, so entdeckt man eine erstaunliche Vielfalt von Putztechniken, bei deren Entwicklung sich die Baumeister jedes Mal aufs Neue übertroffen haben. Die Möglichkeiten schienen damals unbegrenzt zu sein.
Dass es auch auf dem aktuellen Stand der Technik möglich ist, diese baugeschichtlichen Beispiele nachzustellen, zeigt der Architekt und Handwerksmeister Dominik Thoma. Neben Werkstattberichten zu den nach historischen Vorbildern erstellten Strukturputzmustern enthält sein Buch eine umfangreiche Bilddokumentation und mehrere Experteninterviews. Es leistet so einen wichtigen Beitrag dazu, das Wissen um diese Tradition zu bewahren, und zeigt zugleich, dass sich die Investition in qualitätsvolles Handwerk lohnt.
Inhalt
Vorworte
Putz und Architektur
Interview mit Andreas Hild, Hild und K
Putz und München
Interview mit Markus Wassmer,
Knopp Wassmer Architekten
Münchner Strukturputze
Interview mit Hans Nonnenmacher, Arte Antica
Nachstellungen
Kellenstrichputz
Modellierter Putz
Kammzugputz I
Kammzugputz II
Nesterputz
Stechputz
Interview mit Stefanie Werf, Baumit
Vorwort
„Aller Fortschritt ist Weiterschreiten auf der Basis einer Tradition, alle Tradition ist bewahrter Fortschritt der Vergangenheit.“
Das vorliegende Buch entstand auf Grundlage einer Masterthesis, die 2018 am Lehrstuhl Entwerfen Umbau und Denkmalpflege der TU München eingereicht worden war. Sein Anspruch liegt nicht in der umfassenden Bestandsaufnahme oder der kunsthistorischen Einordnung, auch Fragen der Restaurierung oder Rekonstruktion stehen nicht im Zentrum. Die innerhalb der Publikation geleistete Betrachtung historischer Putze in München dient vielmehr als Basis zur Beschäftigung mit Strukturputz unter heutigen Bedingungen. Damit ist ein Anfang gemacht, um die zugrundeliegenden, größtenteils in Vergessenheit geratenen Techniken neu zu denken. Strukturputze sind im allgemeinen dekorative Ausführungen, die dem Putz eine Form geben, die er üblicherweise nicht einnehmen würde. Modelliert, gezogen oder geschnitten wird dem Material eine besondere Dimension abgerungen. Dass im Zuge der Architekturgeschichte mittels dieser handwerklich meist hochanspruchsvollen Techniken häufig ein anderer Werkstoff nachgeahmt wurde – beispielsweise Natursteinquader im Bossenputz – macht es insbesondere dem Strukturputz schwer, innerhalb der Moderne zu bestehen. Deren Doktrin mit ihrem moralischen Streben nach Wahrheit und Materialehrlichkeit verunmöglicht dessen Integration in die entsprechenden Architekturstile. Einen breiten Einsatz verhindert nicht zuletzt auch der erhebliche handwerkliche Aufwand, der mit der Herstellung von Strukturputzen verbunden ist.
Wird aber eine Technik wie diese, deren Wissensreservoir dezentral bei kundigen Handwerkern liegt, nicht mehr angewandt, dann wird sie nicht mehr weitergegeben und gerät so in Vergessenheit. Die theoretischen Grundlagen der Herstellung von Strukturputzen sind heute nur noch vereinzelt verfügbar. Zum Problem wird dies weniger unter denkmalpflegerischen oder restauratorischen Gesichtspunkten, sondern in erster Linie vor dem Hintergrund ihrer Anwendung unter den heutigen Rahmenbedingungen, vor allem hinsichtlich moderner Putzmischungen, -zulassungen und -untergründe. Um die entsprechenden Techniken verfügbar zu halten, müssen sie immer wieder an die veränderten Bedingungen angepasst und in gewissem Sinne neu erfunden werden. So versucht dieses Buch einen ersten Schritt zu gehen und die Herstellung historischer Putze unter heutigen Bedingungen nachzustellen oder auch neu zu interpretieren. Dabei entstehen nicht ganz genau die gleichen Oberflächen. Aber gerade in den Differenzen öffnet sich ein Raum für neue Möglichkeiten, Vorstellungen und Ideen. Natürlich erzeugt die Annäherung an den historischen Bestand zunächst Surrogate. Dennoch: Beim Versuch den alten Techniken nahezukommen, entstehen Abweichungen, die der zeitgenössischen Betrachtung helfen, mit Hilfe der Tradition über die bloße Nachahmung hinauszugelangen.
Prof. Andreas Hild