Dietrich Fink
Benjamin Eder
Jana Hartmann
Stefan Imhof
Zora Syren
(Hrsg.)
Städtische Architektur 2004 – 2024
Lehre und Forschung Dietrich Fink
Buchhandelspreis ab 06.04.2024: 38,00 Euro
ISBN 978-3-948974-28-2
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Das Buch bietet einen umfassenden Einblick in das Wirken der Professur für Städtische Architektur der Technischen Universität München in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Dabei bedient es sich einer Kombination aus retrospektiver Analyse, aktueller Betrachtung und eines optimistischen Blicks auf unsere Zukunft, ihrer sinnlichen Wahrnehmung, der ihr inneliegenden sozialen Handlungen und ihrer erdachten Bedeutungszuschreibung.
Mit Beiträgen von Anne-Julchen Bernhardt, Benjamin Eder, Anne Femmer, Dietrich Fink, Florian Fischer-Almannai, Christian Hadaller, Jana Hartmann, Tim Heide, Stefan Imhof, Gerhard Matzig, Sebastian Multerer, Jórunn Ragnarsdóttir, Karin Schmid und Zora Syren sowie Einführungen von Andreas Hild, Claudia Kromrei, Gerhard Matzig und Wilhelm Vossenkuhl.
Aus dem Inhalt
Vorwort Wilhelm Vossenkuhl
Die Qualität der Zwischenräume
Vorwort Claudia Kromrei
Städtische Architektur ist Terror, sagt der Dichter
Vorwort Andreas Hild
Die Hauptstadt der Dichte
Vorwort Gerhard Matzig
Was städtische Architektur ist – oder sein kann
Das Städtische Haus
Dietrich Fink und Zora Syren im Gespräch mit Jórunn Ragnarsdóttir und Sebastian Multerer
Dietrich Fink
Das urbane Wohnhochhaus
Stefan Imhof
Wachstum nach Innen
Dietrich Fink und Stefan Imhof im Gespräch mit Florian Fischer-Almannai und Karin Schmid
Dietrich Fink
Wachstum nach Innen
Jana Hartmann
Die kollektive Stadt
Dietrich Fink und Jana Hartmann im Gespräch mit Anne-Julchen Bernhardt und Tim Heide
Dietrich Fink
Stadt beginnt im Kopf
Dietrich Fink
Utopie Hochhaus
Über das Wesen der Utopie in der Baukunst
Benjamin Eder
Neues Bauen
Dietrich Fink und Benjamin Eder im Gespräch mit Anne Femmer und Christian Hadaller
Gerhard Matzig
Über uns der Himmel
Exkursionen
Vorwort
Gerhard Matzig
Was städtische Architektur ist – oder sein kann
Die gute Nachricht: Wenn man den Begriff „städtische Architektur" googelt (schon um der Vermutung vom Verfall der Recherche-Sitten neue Nahrung zu geben), landet man beim LSA, beim Lehrstuhl für Städtische Architektur an der TU München. Auf Anhieb. Das ist gut so. Nicht so gut: Nur fünf Klicks entfernt begegnet einem das Motiv „Städtische Architektur" als plakatives „Tapetenwandbild".
Dreieinhalb Meter breit und 2,45 Meter hoch, laut Amazon „perfekt geeignet für Kinder- und Wohnzimmer". Das Wandbild zeigt eine Ziegelwand der Sehnsucht, die als Klebefolie zur Leinwand wird – und in Schwarz-Weiß eine Fantasie-Skyline voller Wolkenkratzer suggeriert. Aus einer fensterlosen Wand ungewisser Materialität wird also eine sichtbare, wenngleich scheinbare Ziegelwand, aus Fensterlosigkeit wird eine surreale Aussicht auf eine urbane Szenerie – und aus dem Kinder- oder Wohnzimmer wird etwas Stadträumliches. Aus dem Inneren wird etwas Äußeres. Und die Renaissance-Kunst des Trompe-l’oeil wird zum Tattoo der Deko-Architektur.
Es wäre schön, wenn es so einfach wäre für die Studierenden und Lehrenden an einem Lehrstuhl, der den Begriff des Städtischen mit dem des Architektonischen verknüpft, um das Wesen dieser Disziplin zu fassen: den Kontext, in dem das Ich (nennen wir es Architektur) einem Wir begegnet (nennen wir es Stadt). Städtische Architektur ist insofern etwas anderes als Landschaftsarchitektur, Wohnarchitektur, Industriearchitektur oder Sakralarchitektur. Dem Spezifikum wird etwas Holistisches gegenübergestellt. Etwas, was aus Architektur mehr macht als nur Architektur: Städtische Architektur.
Vorwort
Claudia Kromrei
Städtische Architektur ist Terror, sagt der Dichter
Jeder Städtebewohner wisse, dass die Architektur, im Gegensatz zur Poesie, eine terroristische Kunst sei, hat Hans Magnus Enzensberger einmal gesagt. Und er wusste, wovon er sprach: Er ist systematisch zu Fuß durch Städte gelaufen und durch „seine" Stadt München, so viele Kilometer wie wohl niemand sonst.
Anders als allen anderen Künsten entkommen wir der Architektur nicht, am allerwenigsten der städtischen. Sie bildet Lebensräume – Straßen, Plätze, Höfe, Transiträume, Wüsteneien, Bühnen und Kulissen. Sie trägt in ihrer Form und Funktion und ihrem Charakter zur Aufenthaltsqualität, Frequenz und Dichte auf den Straßen und Plätzen bei. Oder eben nicht. Es gibt Häuser, die uns anspringen und verstörende räumliche Erfahrungen provozieren, es gibt banale Häuser, die den städtischen Raum als leeres Gefäß vor sich stehen lassen. Und es gibt Häuser, die diesen Raum mit allen Mitteln der Baukunst als Bühne eines entfalteten öffentlichen Lebens inszenieren. Manchmal beruht diese Wirkung auf der individuellen Schönheit des Einzelhauses, häufiger aber auf der Größe und Klarheit einer kollektiven Kulisse. Das zivilisierte Nebeneinander – oder gar Wand-an-Wand-Stehen der Häuser in der Stadt erzeugt eine höhere Einheit, von der das einzelne Haus in einem Maße profitiert, dass es sich selbst souverän zurücknehmen kann. Städtische Architektur, die sich in den Dienst ihrer Wirkung auf den öffentlichen Raum stellt, die die räumliche Gesamtheit des schon Bestehenden fortführt, verbindlich und verbindend, aber auch kühn mit den Mitteln der eigenen Zeit, ist große Kunst.
Vorwort
Wilhelm Vossenkuhl
Die Qualität der Zwischenräume
Die gestalterische Arbeit als Architekt und Urbanist hat viele Dimensionen. Sie reflektiert die gesellschaftlichen Verhältnisse, die technischen Möglichkeiten des Bauens, die klimatischen Verhältnisse, die wünschenswerten humanen Lebensräume und die Ansprüche der Zivilgesellschaft. Der Architekt und Urbanist macht diese Reflexion in der Arbeits- und Lebenswelt öffentlich lesbar, gibt ihr ein Gesicht. Zentral ist dabei das Nachdenken über die Räume zwischen den Gebäuden, weil die Qualität des sozialen Lebens von den Zwischenräumen abhängig ist und sich dort abspielt. Dietrich Fink ist diesen Überzeugungen als Architekt und Urbanist programmatisch gefolgt, inspiriert von seinem Lehrer Helmut Gebhard, der wie er an der Technischen Universität München lehrte.
Es wäre naiv zu glauben, dass die gestalterischen Vorstellungen des Architekten und Urbanisten von der politischen Öffentlichkeit und den öffentlichen Verwaltungen dankbar begrüßt werden. Da sie immer eine zeit- und sozialkritische Komponente enthalten, regen sie Widerstände an, die – wie Dietrich Fink erfahren musste – nicht immer leicht und oft gar nicht überwunden werden können.
Vorwort
Andreas Hild
Die Hauptstadt der Dichte
Stadt ist vermutlich die komplexeste Organisationsform, die die Menschen ersonnen haben, eine Struktur, die sich seit Hunderten von Jahren immer wieder selbstorganisierend weiterentwickelt, eine natürliche Intelligenz in der künstlichen Welt.
Wie ein Entdecker hat Dietrich Fink mit seinem Lehrstuhl Expeditionen ausgerüstet, um diese Stadt entwerferisch zu erforschen, zu beschreiben und zu bereisen. Es galt vorzudringen zu bekannten und auch unbekannten Gebieten, zu den Geheimnissen der städtischen Terra incognita. Der Lehrstuhl wurde so zu einer Institution an der Universität, an der sich das Wissen um den Zauber und die Magie der Stadt an einem Ort verdichtet hat. Ein Ort, an dem sich diejenigen, die sich für die Stadt und ihre Abenteuer interessieren, gesammelt und versammelt haben.
Auch die Universität selbst kann als Stadt gelesen werden, voller privater und öffentlicher Räume mit Gebäuden, Plätzen und Gärten. Der Lehrstuhl Fink war das städtische Zentrum dieser Stadt.