Kritik ist meistens unerwünscht und bringt die Kritiker häufig in den Ruf von Besserwissern und Wichtigmachern. So meinte der damalige Bürgermeister Helmut Gittel als Reaktion auf eine harsche, aber zutreffende Kritik, die er nicht widerlegen konnte: „Dem unbefangenen Leser muss sich … geradezu zwangsläufig der Eindruck aufdrängen, es wäre im Interesse der Stadt besser, die Verwaltung aufzulösen und durch die unfehlbaren Mitarbeiter des Münchner Forum zu ersetzen.“
Das war natürlich seiner Verärgerung geschuldet. Keiner der in dieser Schrift vorkommenden Oppositionellen hat sich jemals für unfehlbar gehalten. Der Verfasser selbst erinnert sich, in jungen Jahren von den später kritisierten städtischen Plänen begeistert gewesen zu sein und als damaliger Mitarbeiter im Finanzbauamt ebenso wie später als freier Architekt, Hochhauspläne und Stadtstrukturen geplant zu haben, die Gottseidank nicht realisiert wurden. Es waren die dabei gemachten bitteren Erfahrungen und die Horizonterweiterungen durch Reisen in nahe und ferne Länder, die Nachdenklichkeit erzeugten.Dieses Umdenken – zunächst noch unsicher – bedurfte eines konkreten Anstoßes um sich zu vergewissern.
Der bot sich an, als es daran ging, den Stadtentwicklungsplan von 1963, den der Verfasser nach den Zerstörungen des Bombenkrieges noch für einen Befreiungsschlag hielt, in die Tat umzusetzen. Es stellte sich nämlich unvermittelt die Frage: Kann man eine Stadt retten, indem man sie zerstört?
Es war das uneinsichtig-kompromisslose, ja sogar feindselige Verhalten und Beharren der Verwaltung bei den seinerzeitigen Auseinandersetzungen um den Tunnel beim Prinz-Carl-Palais, das geradezu dazu zwang, sich mit dem Problem der Verkehrsplanung näher und grundsätzlicher zu befassen, noch dazu, als sich weitere ähnlich gelagerte Fälle ergaben, die letztlich den Schluss nahe legten, dass es sich nicht jeweils nur um Einzelfälle handeln konnte, sondern um die Umsetzung eines Gesamtsystems, das mit seiner Prioritätensetzung zugunsten der „Freien Fahrt für freie Bürger“ die traditionelle Stadtplanung versklavte. Grundsätzliche Änderungen waren demnach nur möglich, wenn es gelang, dieses Gesamtsystem, das damals durchaus aus der Zukunftsvision einer demokratischen Mehrheit entwickelt worden war, zu verändern. Das musste zwangsläufig zu Konflikten führen.
Die Achillesferse dieses Systems war der alles dominierende Generalverkehrsplan von 1963 und so galt es, diesen zu bekämpfen und zwar am wirkungsvollsten an seiner empfindlichsten, weil am konsequentesten zum Ausbau vorgesehenen Schlagader, der Isar-Parallele. Erst mit dem Fall dieser je nach Variante etwa 12–15 km langen, an 10 Brücken untertunnelten, 6–8 spurigen Ufer-Autobahn, war der Weg frei für eine grundsätzliche Änderung der Stadtpolitik.
Bei der Darstellung der Ereignisse mag gelegentlich der Eindruck entstehen, dass das doch nicht wahr sein kann oder zumindest übertrieben sein müsste, vor allem wenn es um Manipulationen, Unwahrheiten, Pressionen usw. geht. Es wird sich jedoch keine Darstellung finden, die nicht durch mindestens eine Quelle – die nicht der Verfasser ist – verifiziert wird. Trotzdem wurde versucht, auch das Verhalten der Gegenseite erklärbar zumachen, weil es um den bisher offiziell nicht dargestellten, geschichtlichen Ablauf der Münchner Stadtplanung geht und nicht um einen Blick zurück im Zorn.Insgesamt ist diese Arbeit als Versuch zu verstehen,
den Einfluss der Bürger und Medien auf die Stadtplanung einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Sie haben als Teil der sogenannten 68er Generation die Republik positiv verändert und unermessliche städtebauliche Zerstörungen und Umweltschäden verhindert.
Karl Klühspies